Andi Rohse ist beim Schiessen ganz lässig
Jungschütze Andi Rohse (12) hat bei der Deutschen Meisterschaft Silber und Bronze geholt. Damit ist er der Erste in der 110-jährigen Geschichte der Adlerschützen Willmering – von Sonja Seidl, Chamer Zeitung
Egal, was kommt: Andi Rohse hat sein Pokerface aufgesetzt. Ob bei der Deutschen Meisterschaft in Garching-Hochbrück, wo er bei brütender Hitze – die Klimaanlage ist ausgefallen – alles gibt. Oder beim Gespräch im Schützenheim der Adlerschützen, bei dem er alles Revue passieren lässt. „Ich bin immer recht entspannt“, sagt er beim Gedanken an die Meisterschaft. Da müssen alle – die Eltern, Trainer Daniel Kulzer, Schützenmeister Horst Tischner – lachen. „Wir wissen echt nicht, wie er das macht“, gibt seine Mama Steffi Rohse zu.
Mit einem Griff, der mitwächst
Schon vor einem Jahr haben die Adlerschützen große Hoffnung in den Andi gesetzt, nachdem er beim Schießabend alle Erwachsenen besiegt hat (wir berichteten). Und tatsächlich hat der Zwölfjährige in der Zwischenzeit einen außergewöhnlichen Erfolg hingelegt. Bei der Bayerischen Meisterschaft im Mai und Juni holt er zweimal Gold und einmal Silber. Dann setzt er noch eins oben drauf und räumt bei der Deutschen Meisterschaft im August ab: Silber und Bronze für den jungen Willmeringer. Qualifiziert hatte er sich für je zehn Meter Luftpistole, LP5 Mehrkampf und LP5 Standard. Die einschüssige Luftpistole hat Andi zum zwölften Geburtstag bekommen. Sie hat einen eigenen Griff, den Kulzer entsprechend optimiert hat, damit er gut in der Hand liegt.
„Den muss ich alle acht Wochen nachschleifen, sonst wird’s beim Halten zu eng“, erklärt Kulzer. Andi wächst eben noch. Die LP5 wiederum gehört dem Verein. Sie hat fünf Schuss, das heißt, man kann fünfmal hintereinander schießen, ohne nachzuladen. Mit ihr hat er einmal den sechsten Platz und einmal Silber geschossen.
„Harter Feinschliff“ bei den Schießwochenenden
Als Jugendtrainer im Verein hat Kulzer Andi Rohses Fortschritt im Blick. Freitags ist Training, hin und wieder kommt er auch dienstags vorbei. „Von nix kommt nix“, findet Vater Martin Rohse, selber leidenschaftlicher Schütze. Viel Anteil an seinem Fortschritt hat aber auch der Landeskader des Oberpfälzer Schützenbundes (OSB), auf dessen einmal monatlich stattfindenden Schießwochenenden in Pfreimd er den „harten Feinschliff“ bekommt, wie Martin Rohse es formuliert. Drei Landeskadertrainer trainieren dort an die 15 Jugendliche zwischen zwölf und 18 Jahren. Die Teenies treten dann später in Teams – wie beim TeamsCup – an, aber auch als Konkurrenten. Konkurrenz scheint Andi aber zu beflügeln.
Trotz ausgefallener Klima schlägt er sich wacker
Bei der Deutschen Meisterschaft schlägt er sich trotz Hitze wacker. Die dauert elf Tage, an zweien – Freitag und Samstag, 25. und 26. August – ist er an der Reihe. Freitag um 16 Uhr geht es los mit zehn Metern Luftpistole. Die Rohses und Kulzer reisen schon mittags an. Parkplatzsuche, Anmeldung, Startkarten abholen, den QR-Code für die Rückennummer ausdrucken, Sicherheitsklammer anbringen und noch eine Mahlzeit als Stärkung – das dauert. Noch dazu müssen sie sich erst auf dem riesigen Gelände zurechtfinden. Die Olympia-Schießanlage ist die größte zivile Schießsportanlage der Welt. Am Freitag muss der Jungschütze in die Druckluftwaffenhalle. „Hundert Schuss bei der Hitze, da gab’s dann Handtücher für die Teilnehmer“, erzählt der Papa. Alle zählen mit. Wen hat Andi schon überholt, wie weit vorne ist er? Es ist ein regelrechter Krimi und der Schützenmeister, selbst auf einem Geburtstag, bekommt via WhatsApp fast hautnah alles mit. „Ich hatte solche Gänsehaut“, erinnert sich Tischner. Verständlich: „Der Andi ist der Erste in der 110-jährigen Vereinsgeschichte, der den Verein auf der Deutschen Meisterschaft vertreten hat.“ Und dort holt er am Freitag Bronze. Am Samstag fährt Tischner selber nach Hochbrück. Vormittag steht zehn Meter LP5 Mehrkampf an, am Nachmittag zehn LP5 Standard. Trotz Wetteifer bleibt der junge Willmeringer stets kollegial. Kurz bevor es losgeht, schaut er die Stände neben sich durch und stellt fest, dass sein Nebenmann vergessen hat, die rote Sicherheitsschnur in die Waffe zu legen. Er kann ihn gerade noch vor einer Disqualifizierung bewahren – und holt selber später Silber, mit nur einem Ring Differenz zum ersten Platz.
„Aber ich hab’ schon besser geschossen“
Heute ist Andi Rohse zwar stolz auf seine Leistung. „Aber ich hab’ schon besser geschossen“, zuckt er mit den Schultern. Alle anderen im Schützenheim sehen das anders: Für sie war die Meisterschaft ein Wahnsinn. Der Höhepunkt im Schützenjahr ist mit Bravour geschafft. Damit ist es aber nicht vorbei. Seit Mitte September laufen die normalen Rundenwettkämpfe, Weihnachten ist Vereinsmeisterschaft, Februar/März dann Gaumeisterschaft, im Juni Bayerische Meisterschaft und im August Deutsche Meisterschaft. Und: Andi Rohse wird älter. Mit 14 gehört er noch zu den Schülern, mit 15 schon zur Jugend. Damit steigt auch die Schießzahl und andere Disziplinen werden möglich. Wer weiß, wo es für ihn hingeht? Auf der Deutschen Meisterschaft hat er jedenfalls schon Bekanntschaft mit der Olympia-Medaillen-Gewinnerin Monika Karsch gemacht. Die hat dort Ausschau nach Talenten gehalten. Außerdem ist da noch sein Zwillingsbruder Max, der heuer ebenfalls auf der Bayerischen Meisterschaft war. „Der ist der nächste, der auf der Deutschen Meisterschaft schießt“, ist der Schützenmeister überzeugt. Bleibt nur zu hoffen, dass die Rohses auch dabei bleiben, wenn sie einmal älter sind.